Was ist eigentlich Craft Beer?
Seit einigen Jahren ist im internationalen Brauereibusiness ein neuer Name in Mode gekommen: Craft Beer. Auch in Deutschland hört man diese Bezeichnung immer häufiger. Es lohnt sich, mehr über Craft Beer (auch Craftbier) zu erfahren.
Woher stammt die Bezeichnung Craft Beer?
Die Brauszene der USA war der Ausgangspunkt, da bis weit in die 80er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts der Biermarkt dort nur noch von einigen wenigen Riesenbrauereien mit gigantischen Industrieanlagen geprägt wurde. Die Produkte waren in der Regel recht einheitliche Biere, die sich mehrheitlich nur noch durch die Gestaltung der Etiketten und vielleicht die Verpackung unterschieden. Nur weniger als ein Jahrzehnt später begannen sich neu gegründete Kleinbrauereien gegen diese Einheitsbiere zu wehren und brauten von nun an Gerstensaft mit eigener Geschmacksnote. Sie nannten sich Handwerksbrauereien. Fortan wurde das Produkt als handwerklich gebrautes Bier bezeichnet, das englische Wort dafür ist Craft Beer. Seit Beginn der 90er-Jahren entwickelte sich die Craft-Beer-Szene in den USA rasant. Heute existieren dort fast 5.000 Kleinbrauereien, auch Microbreweries genannt, die in der Summe bereits einen Marktanteil von 10-15% halten.
Craft Beer – auch international ein Trend?
Eindeutig: Ja. In den meisten Bierländern der Welt stellt sich die Situation bezüglich Eintönigkeit der Biere und Marktbeherrschung durch wenige Brauereikonzerne ähnlich wie in den Vereinigten Staaten vor zwei bis drei Jahrzehnten dar. Daher hat sich die Craft Beer-Bewegung in fast allen großen Biernationen auf allen Kontinenten etabliert. Sie bildet einen Gegentrend, bei dem es zur Entwicklung neuer Stilrichtungen, eigenständiger Bierprofile und Spezialitäten kommt. Japan, Italien und Dänemark seien hier als Beispiele genannt.
Deutschland und Craft Beer – passt das überhaupt zusammen?
Der Biermarkt in Deutschland unterscheidet sich grundlegend von dem in anderen Ländern. Hier und insbesondere in Bayern existiert kein Oligopol einiger weniger Bierkonzerne, die den Markt allein beherrschen. Kleine und mittelständische Brauereien halten in Bayern und im übrigen Deutschland deutliche Marktanteile und brauen in diesem Segment eigentlich schon immer handwerklich. Das bedeutet, in Deutschland gibt es Craft Beer oder handwerklich gebrautes Bier von der Sache her schon seit langer Zeit.
Andererseits zeigt die relativ junge internationale Craft Beer-Szene auch in Deutschland neue Entwicklungen. Immer mehr Bierfreunde wünschen sich unterschiedliche Biersorten mit intensiverem oder charakteristisch unterscheidbarem besonderen Geschmack. Alte, zum Teil in Vergessenheit geratene Biersorten wie Weizenbock, Märzen, oder ungefilterte Biere werden gerade wiederentdeckt. Aber auch das Brauen von bei uns eher noch ungewöhnlichen Bierstilen wie Ale, IPA oder fassgereiften Bieren erlebt zurzeit eine sprunghafte Entwicklung.
Allerdings gilt das Interesse nicht immer nur den Bierspezialitäten sondern auch allen anderen Bieren, also: Hell, Pils oder auch Weizen, die sich – mit einem eigenständigen Geschmacksprofil gebraut – schmeckbar vom allgemeinen Massengeschmack abheben sollen. Ob man jetzt diese Biere nun Charakterbiere, Craft Beer oder Bierspezialitäten nennt, ist Ansichtssache und natürlich jedem selber überlassen. Tatsache ist, die Trends der internationalen Craft Beer-Szene haben Deutschland erreicht.
Deutsches Reinheitsgebot und Craft Beer?
Aber natürlich passen Craft Beer und Reinheitsgebot zusammen, da Craft Beer nicht bedeutet, je verrückter desto besser oder wenn man keine Idee mehr hat, werden exotische Gewürze oder andere Zusätze dazugegeben und schon ist ein cooles Bier fertig. Denn: Das Brauen von Craft Beer ist in erster Linie Wissen und Können. Craft Beer muss also nicht schrill sein. Oft sind es feine Nuancen in Geschmack und Aroma, die es einzigartig machen. Reinheitsgebot heißt auch nicht Einschränkung. Wenn man sich die Palette der Biere ansieht, die in der Liste der Kategorien des „European Beer Star“ (Bedeutender internationaler Bierwettbewerb) ansieht, wird deutlich: In nahezu 50 Bierkategorien können Bierstile wunderbar mit Reinheitsgebots-Bieren ausgeprägt werden. Das heißt, durch Wissen und Können, gepaart mit Brauerfahrung der Braumeister entsteht Vielfalt, auch nach strengem Reinheitsgebot gebraut.
Die ursprünglichen Regelungen des Reinheitsgebots von 1516 gelten in Deutschland eigentlich nicht mehr und sind seit Langem durch andere Gesetze ergänzt worden. Es wurde damals in erster Linie geregelt, dass Gerste für Bier und Weizen nur für Brot verwendet werden sollte, um auch Hungersnöten vorzubeugen. Darüber hinaus war das Reinheitsgebot eine Preisverordnung, die regelte, dass der Liter Bier im Winter einen Pfennig und im Sommer zwei Pfennige kosten durfte. Zusätze finden heute durch aktuelle Gesetze ihren Weg ins Bier. Beispielsweise zur Verbesserung der Klärung und Filtration ist es z.B. erlaubt, dem Bier Polyvinylpolypyrrolidon (PVPP) zuzusetzen. Hopfenextrakte können dort zum Einsatz kommen, wo es vor allem auf die Bitterkeit des Bieres ankommt und das Aroma des Hopfens eine eher untergeordnete Rolle spielt.
Muss Craft Beer stets Craft Beer heißen?
Aber nein, keinesfalls. Craftbier ist ein eingedeutschter Begriff aus dem Englischen. Man kann den Gerstensaft auch Bierspezialität, Charakterbier, Kreativbier, oder einfach nur Bier nennen. International hat sich allerdings der Begriff Craft Beer durchgesetzt. Es ist keine spezielle Biersorte oder Biergattung, Craft Beer stellt eine andere, genussorientierte, handwerkliche Herangehensweise an das Bierbrauen dar. Und das zählt.
Dolle Molle – Bier oder Craft Beer?
Die Biere der Brau- & Genusswerkstatt Berlin-Friedrichshagen AG sind handwerklich gebraute Bierspezialitäten und somit Craftbier oder Charakterbier, Sommelier-Bier oder Genuss-Bier, Kreativbier oder einfach nur ganz dolles Bier.
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